KI-SIGS - Künstliche Intelligenz-Space für intelligente Gesundheitssysteme

KI in der Medizin gemeinsam voranbringen

KI-SIGS-Logo
© Projekt KI-SIGS
KI-SIGS-Logo

Ziel von KI-SIGS ist es, für die Modellregion Norddeutschland einen gemeinsamen institutionellen Rahmen, den „KI-Space“, zu schaffen. Er dient dazu, medizinische KI-Technologien besser und schneller zu entwickeln und zur Anwendung zu bringen. Das zentrale Instrument dafür ist eine Plattform, über die der Wissenstransfer organisiert und geplante Entwicklungen aufeinander abgestimmt werden. Außerdem werden regulatorische und ethische Vorgaben gemeinsam erarbeitet sowie der Anschluss an andere Netzwerke mit KI- und Medizinbezug ermöglicht.

Partner

KI-SIGS widmet sich dem Aufbau eines „KI-Space für intelligente Gesundheitssysteme“ in Kollaboration von norddeutschen KI-Instituten in Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein zusammen mit medizintechnischen Unternehmen und Partnern der Universitätskliniken:

UniTransferKlinik Lübeck GmbH (Konsortialführer), Universität zu Lübeck, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Gesundheit Nord gGmbH Klinikverbund Bremen, Drägerwerk AG & Co. KGaA, IMAGE Information Systems Europe GmbH, Pattern Recognition Company GmbH, mbits imaging GmbH, Philips GmbH, apoQlar GmbH, Söring GmbH, Advanced Bionics GmbH, Stryker Trauma GmbH, szenaris GmbH, Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz GmbH, Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung eingetragener Verein, Universität Bremen, Universität Hamburg, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein - Campus Kiel

Herausforderung

Die Gesundheitswirtschaft hat eine große ökonomische Bedeutung für Deutschland. Künstliche Intelligenz (KI) birgt hier nicht nur unmittelbare Chancen bei der Behandlung von Krankheiten, sondern auch für die Entwicklung neuer Geschäftsfelder. Das Potenzial kann jedoch nicht durch Aktivitäten einzelner Forschungseinrichtungen oder Unternehmen in spezifischen medizinischen Anwendungsfeldern gehoben werden. KI-SIGS bringt deshalb Forschung und Praxis im norddeutschen Gesundheitswesen gezielt zusammen. Anforderungen aus der Praxis werden damit schneller von der Forschung berücksichtigt. Kliniken, Haus- und Facharztpraxen, bis hin zu Pflegediensten profitieren von neuesten Ergebnissen der Forschung. Unternehmen und Forschungseinrichtungen haben gleichzeitig die Chance, ihre Stellung auch international ausbauen.

Umsetzung:

Der Aufbau des KI-Space erfolgt auf der Basis von drei Komponenten und drei wesentlichen Maßnahmen:
Erstens wird eine KI-Plattform entwickelt. Sie adressiert verschiedene Herausforderungen: Die KI-SIGS Partner untereinander vernetzen, sowie mit anderen relevanten Netzwerken verbinden, KI-Entwicklungsbausteine, wie etwa Quellcode und Dokumente austauschen und klinische Daten in einem geschützten Raum teilen. Außerdem werden regulatorische Anforderungen und ethische Vorgaben für die Anwendung von medizinischen KI-Technologien entwickelt. Im Bereich der Cyber-Security-Funktionalität (Erklärbarkeit & Transparenz) konnte das Projekt PetAI (Privacy Secured Explainable and Transferable AI) unter der Federführung des scch (Software Competence Center Hagenberg) an KI-SIGS angebunden werden. Erste Ergebnisse hinsichtlich der regulatorischen Anforderungen finden sich in einschlägigen Veröffentlichungen).

Die damit verbundene Expertise wurde auch in die Initiativen des DIN zur Erstellung der ersten und zweiten KI-Normungsroadmap eingebracht. Darüber hinaus werden die Aktivitäten anderer Einrichtungen und Gremien (FDA, SPECTARIS, Life Science Nord) intensiv verfolgt. Alle Plattformprojekte integrieren die Partner über gezielte Workshops. Im Bereich der ethischen Analyse und Implikation wird gezielt an in den Anwendungsprojekten identifizierten Fragestellungen gearbeitet. Eine Lecture Series („VEIL“) zu den Themen „ethischer Innovationen“ wurde begleitend zur Sensibilisierung des Konsortiums etabliert.

Zweitens wird eine gemeinsame Forschungs- und Entwicklungs-Roadmap definiert. Als vorrangige Zukunftsfelder für medizinische KI-Technologien wurden dabei drei Bereiche identifiziert: Prävention und Prognose, Diagnostik sowie medizinische Assistenzsysteme. Die Konzentration auf diese Bereiche vermeidet Parallelentwicklungen und erleichtert den Wissenstransfer zwischen den KI-SIGS-Partnern und damit auch den rückkoppelnden Prozess zwischen den Projekten und der Plattform. Im Ergebnis wird die Plattform so kontinuierlich verbessert, wovon später hinzukommende Projekte profitieren.

Um KI-Innovationen und den Wissenstransfer in der Modellregion zu fördern, wird drittens auf die Kooperation zwischen den Akteuren gesetzt. Dafür wird u. a. ein Anreiz- und Entlohnungsmodell für die Bereitstellung von Daten und Diensten auf der KI-Plattform entwickelt. Zudem wird der Erfahrungsaustausch mit Workshops, Wettbewerben und anderen Veranstaltungen gefördert und über das Konsortium hinaus veröffentlicht. Ein Beispiel hierfür sind die sogenannten Wertschöpfungsworkshops, in denen die oben genannten Ziele konkret verfolgt werden. Die Darstellung der Ergebnisse erfolgt auf zahlreichen nationalen und internationalen Veranstaltungen, welche unter „Aktuelles“ auf der Projektwebseite veröffentlicht werden.

Anwendung und Nutzen

Mit KI-SIGS entsteht eine Plattform, auf der Daten und Dienste rund um die medizinische Versorgung eingestellt und bezogen werden können. Es entsteht erstmals eine Art regionaler Exzellenz-Cluster als Gemeinschaft aus Wissenschaft, Wirtschaft und medizinischen Einrichtungen rund um KI in der Medizin. Die Entwicklung neuer KI-Technologien wird eng verzahnt mit gemeinsamen Geschäftsmodellen dieser Akteure. Beiträge der beteiligten Firmen und wissenschaftlichen Einrichtungen, Entgelte für Serviceleistungen sowie langfristig auch Lizenzerträge erfolgreicher Produktentwicklungen finanzieren den „KI-Space“.
Die Zusammenarbeit wird anhand konkreter medizinischer KI-Lösungen erprobt. Im Rahmen der zuvor genannten drei Bereiche werden neun Use Cases bearbeitet:

Homecare Augendiagnostik

Ziel des Projektes iAuge ist die Entwicklung einer KI-basierten Lösung für die ophthalmologische Diagnostik, zur Behandlung von altersbedingten, degenerativen Augenkrankheiten. Die handliche und einfach zu bedienende Brille für die häusliche Anwendung sorgt für eine Therapieverbesserung des Patienten. Die KI-Unterstützung in Kombination mit optimierten Deep Neural Networks (DNN) erleichtern die Entscheidungsfindung des Arztes.

Röntgenassistent (medizinische Assistenzsysteme)

Die Entwicklung eines Röntgenassistenten, welcher das Personal führt, dadurch die Qualität der Röntgenbilder signifikant steigert, Zeit spart und die Dosierung reduziert. Zusätzlich wird die Qualität der Aufnahme mit KI bestimmt.

Hier finden Sie eine Veröffentlichung aus dem Projekt.

Monitoring von Vitalparametern (Prävention und Prognostik)

Bei Patientinnen und Patienten auf Intensivstationen kommt es gelegentlich zu akuten Ausfällen oder Minderleistungen des Herzens, die der Körper nicht mehr kompensieren kann. Mit Methoden des Maschinellen Lernens wird in diesem Projekt untersucht, ob es Parameterkonstellationen gibt, die frühzeitig auf solche Komplikationen hinweisen.

Intelligenter Röntgenassistent (Notfall- und Intensivmedizin)

In der Notfallmedizin ist die Entscheidungsfindung eine multifaktorielle, von Mensch und Maschine Input gebende Angelegenheit, bei der manchmal nur wenige Sekunden zählen. Die hier im Fokus stehenden kritischen Anwendungsbereiche sind Schlaganfall, Knochenverletzungen und Röntgenthorax. Ein Vorteil bei diesem Projekt ist unter anderem, dass Kliniken ohne entsprechende radiologische Expertise von dem KI-Analyseverfahren profitieren.

Intelligenter Ultraschall-Aspirator

Durch maschinelle Lernverfahren wird Gewebe intraoperativ vermessen und eine Tumorranderkennung ermöglicht. Dabei gesammelte Trainingsdaten wie Gewebefestigkeit und MRT-Informationen dienen hier der innovativen Assistenzfunktion für die Neurochirurgie.

Optimale Beatmungstherapie (Diagnostik)

Für die Beatmungstherapie ist die umfassende Beurteilung der Patienten von herausragender Bedeutung. Untersucht wird daher, wie mithilfe von KI visuelle Informationen aus Tiefenbildern der Organe ausgewertet und im Zusammenspiel mit Zeitreihen von Vitalparametern die Diagnostik und Therapie verbessert werden können.

Repositionierung von Knochenfragmenten

Neben der Implementierung geeigneter KI-Verfahren, die typische Probleme der Segmentierung und Visualisierung beim Übergang von zwei- zu dreidimensionalen Darstellungen lösen, sorgen hier geeignete KI-Verfahren für eine Qualitätsverbesserung und Vereinfachung der Röntgenaufnahmen von Beckenfrakturen. Durch Röntgen-Stereotaxie soll eine intelligente Repositionierung der Knochenfragmente zur Behandlung von Beckenfrakturen eine Alternative zu aufwändigen Voll-Navigationssystemen darstellen.

Individualisierte Hörhilfenanpassung (medizinische Assistenzsysteme)

Ziel des Projektes ist es, zum einen Methoden der künstlichen Intelligenz zu entwickeln und bereitzustellen, die den „First Fit“ verbessern und somit eine Adaptation an die Nutzer und Nutzerinnen und ihre spezifischen Hörverluste und Vorlieben ermöglichen. Zum anderen werden KI-basierte Störgeräuschunterdrückungsmethoden entwickelt, die an die individuelle Nutzung angepasst werden können.

Im Rahmen des Projektes wurde bereits ein Echtzeitdemonstrator zur Verbesserung der Verarbeitung von Sprachsignalen an der Universität Hamburg erstellt.

Bewegungstherapie (Bereich medizinische Assistenzsysteme)

Für viele Therapien und Rehabilitationsmaßnahmen sowie zur Vorsorge im Alter ist ein fachlich angeleitetes Bewegungstraining unerlässlich. Im Rahmen von KI-SIGS wird ein Assistenzsystem entwickelt, das durch virtuelle Agenten und Robotersysteme Rückmeldungen über die durchgeführten Bewegungen gibt und damit Patienten ein eigenständiges Training ermöglicht.

Ohne KI-SIGS Mit KI-SIGS
Unternehmen und Forschungseinrichtungen forschen einzeln und isoliert an KI-basierten Medizinanwendungen. Der Austausch mit anderen Projekten und die Anbindung an Netzwerke ist aufwändig und zeitraubend. KI-Projekte tauschen sich über die KI-Plattform zu Produkt-, Prozess- und Verfahrensinnovationen aus, erarbeiten und nutzen dabei gemeinsame Standards und optimieren so ihre KI-Expertise. Durch die einfache Anbindung an Netzwerke etwa von Medizinprodukteherstellern können Synergien genutzt werden.
Bis die Entwicklungen der Medizinforschung in der Praxis ankommen, vergeht unnötig viel Zeit, weil es an Austausch mangelt. Der Wissenstransfer zwischen Forschung und Praxis erfolgt zeitnah, strukturiert und institutionalisiert über die Plattform sowie durch begleitende Veranstaltungen. Es wird ein Netzwerk geschaffen, das Forschende untereinander sowie mit Praktizierenden verbindet.
Für die Zulassung von KI-basierten Medizinprodukten fehlen ethische Vorgaben sowie eine Regulatorik. Im Projekt wird eine Guideline zur Zulassung von KI-Anwendungen im Gesundheitssektor erarbeitet.
Sowohl die Entwicklung als auch die Anschaffung KI-basierter Medizinprodukte überfordert bisherige Finanzierungsmodelle im Gesundheitswesen. Die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle eröffnet neue Märkte, steigert die Wertschöpfung und verbessert so auch die medizinische Versorgung.