Meldung
07.02.2022

Fachgruppe Recht berät über Novellierungen zur Elektromobilität

Unter der Leitung von Dr. Katharina Boesche und Christian Alexander Mayer trifft sich die Fachgruppe Recht des Technologieprogramms IKT für Elektromobilität regelmäßig, um die neuesten juristischen Entwicklungen in der Elektromobilitätsbranche zu diskutieren. Bei der letzten Expertenrunde ging es vor allem um europäische Fragen – und eine Initiative der Bundesregierung, die der Mobilitätswende endlich den nötigen Schub verleihen könnte.

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Bei ihren Zusammenkünften erörtert die Fachgruppe gemeinsam mit den Projektteilnehmern des Technologieprogramms sowie externen Vertretern aus Ministerien, Behörden und der Automobilbranche neue Gesetzesvorhaben. Ziel ist es, den Ausbau der Elektromobilität weiter voranzutreiben, Empfehlungen zu erarbeiten und die Projektteilnehmer über gesetzliche Regularien zu informieren. Am 26. Oktober 2021 tagte die Fachgruppe zuletzt per Webkonferenz, das nächste Fachgruppentreffen ist für den 31. März 2022 geplant.

Novellierung der Ladesäulenverordnung birgt hohe Kosten

Wichtiger Programmpunkt der virtuellen Sitzung Ende Oktober war die Novellierung der deutschen Ladesäulenverordnung (LSV). Diese regelt seit 2016 die technischen Mindestanforderungen sowie den interoperablen Betrieb von öffentlich zugänglichen Ladepunkten für Elektrofahrzeuge. Sie geht zurück auf die europäische Alternative Fuel Infrastructure Directive (AFID). Nun wurde im Bundesrat eine Novellierung der LSV verabschiedet. Darin ist unter anderem festgeschrieben, dass Betreiber von öffentlich zugänglichen Ladesäulen bis zum 01.07.2023 eine kontaktlose Zahlung anbieten müssen – mindestens per Debit- und Kreditkartensystem. Fraglich ist, ob hierfür neben dem Kartenterminal auch stets ein Pinpad zur Eingabe der Geheimzahl verfügbar sein muss.

Christian Alexander Mayer, Rechtsanwalt und Partner der Noerr PartGmbB in München: „Auch, wenn die neuen Anforderungen mehr Komfort für die Kunden an den Ladesäulen versprechen, könnten sie den Aufbau neuer Ladepunkte signifikant verteuern. Denn eine solche Aufrüstung der Ladesäulen birgt nicht unerhebliche Kosten für die Hersteller. Auch die Unterhaltskosten könnten steigen, wenn für die Zahlungsabwicklung an den Kartenterminals Zahlungsdienstleister eingebunden werden müssen.“

Gesetzlicher Rahmen für Elektromobilität: Europäische Kommission strebt Harmonisierung an

Ein weiterer Diskussionspunkt auf der Agenda der Fachgruppe: Der Entwurf zur Neufassung der Alternative Fuel Infrastructure Directive (AFID), den die Europäische Kommission im Sommer 2021 vorgelegt hat. Statt einer Richtlinie handelt es sich hier um eine Verordnung – die Alternative Fuel Infrastructure Regulation (AFIR). Der entscheidende Unterschied: Europäische Richtlinien sind Vorgaben an die Mitgliedsstaaten, die aber von den Mitgliedsstaaten erst noch in eigene Gesetze umgesetzt werden müssen damit sie für die Bürger verbindlich sind. Mit einer Verordnung kann die Kommission jedoch unmittelbar Recht setzen, das in allen Mitgliedsstaaten gleichermaßen, ohne Umsetzungsspielraum, gilt. Ziel ist eine europaweite Harmonisierung der Bestimmungen zu allen umweltfreundlichen Antriebsformen.

Tritt die neue europäische Verordnung in Kraft, ersetzt sie weitgehend die bestehende deutsche Ladesäulenverordnung. Grundsätzlich bilden die AFIR und die LSV zwar die gleichen Regularien ab, kleine Unterschiede gibt es aber dennoch. So sieht die AFIR beispielsweise die Notwendigkeit von Kartenterminals erst ab einer Ladeleistung von 50 kW und mehr vor. Die AFIR geht in ihrem aktuellen Entwurf aber auch über die Vorgaben der LSV hinaus. Zum Beispiel ist eine umfangreiche Datenübermittlung vorgeschrieben. So müssen Ladepunktbetreiber statische Daten, wie zum Beispiel den Standort der Ladesäule und dessen Kapazität, sowie dynamische Daten, wie den Betriebszustand oder die Verfügbarkeit, kostenlos an einen nationalen Zugangspunkt übermitteln. Über diesen Zugangspunkt soll wiederum jeder Anwender einen Open-Data-Zugang zu den Daten erhalten, um sie für eigene, auch kommerzielle Zwecke zu nutzen – zum Beispiel für Apps rund um das Thema Elektromobilität.

„Deutschlandnetz“ soll Elektromobilität entscheidenden Schub geben

Im Frühjahr 2021 wurde von der Bundesregierung das Schnelladegesetz verabschiedet. Auf Grundlage dieses Gesetzes schreibt der Bund inzwischen die Errichtung und den Betrieb von 1.000 Schnelllade-Hubs aus – das sogenannte Deutschlandnetz – um eine flächendeckende Schnellladeinfrastruktur in Deutschland zu schaffen. Innerhalb von nur zehn Minuten soll dann von jedem Ort in Deutschland aus eine Schnellladestation mit einer Ladeleistung von mindestens 200 kW pro Ladepunkt erreichbar sein. Dafür ist ein Budget von zwei Milliarden Euro vorgesehen. Die Fachgruppe Recht diskutierte bei ihrer Zusammenkunft im Oktober 2021 auch über die Chancen und Risiken des Vorhabens.

Christian Alexander Mayer: „Diese – grundsätzlich sehr begrüßenswerte – Initiative erfährt auch Kritik. Ein wesentlicher Streitpunkt ist die Preisobergrenze von 0,44 Euro je kWh, die von den künftigen Ladesäulenbetreibern im Deutschlandnetz eingefordert wird. Dadurch befürchten vor allem die etablierten Ladeinfrastrukturbetreiber einen massiven Eingriff in den bereits bestehenden Markt.“