Meldung
03.04.2018

Drei Fragen an... Kismet Ekinci, Projektleiter SAHRA

In der wiederkehrenden Rubrik "Drei Fragen an..." beantwortet in dieser Ausgabe Kismet Ekinci, Projektleiter bei der AOK Nordost und Leiter des Smart-Data-Projekts "SAHRA", drei Fragen zu seinem Projekt.

Porträt Kismet Ekinci
Kismet Ekinci, Projektleiter bei der AOK Nordost und Leiter des Smart-Data-Projekts "SAHRA"
© Kismet Ekinci
Porträt Kismet Ekinci

1. Herr Ekinci, das Projekt SAHRA beschäftigt sich mit dem Aufbau einer hochsicheren, webbasierten Analyseplattform für Daten aus dem Gesundheitswesen. Die Plattform soll es ermöglichen, Abrechnungsdaten, Behandlungsdaten sowie Studien- und Registerdaten rechtssicher kombinierbar zu machen. Vor welchen Herausforderungen standen Sie konkret bei der Umsetzung des Projekts?

Eine große Herausforderung in interdisziplinären Projekten ist sicherlich die Kommunikation. Wir arbeiten mit Spezialisten an den Schnittstellen Software Engineering, Datenschutz, Statistik und Datenanalyse in einem virtuellen Team über Unternehmensgrenzen hinweg. Daher ist das Projekt auch eine Art „Sprachtraining“ für alle Teilnehmer gewesen. Ebenso wichtig für den Erfolg war der Fokus auf Ergebnisse, die dem Nutzer einen maximalen Mehrwert bieten.

2. Welchen Mehrwert bietet die Plattform für Patienten und das Gesundheitswesen?

Die Versorgungsforschung bekommt derzeit durch EU- sowie Bundes-Fördermittel – nicht zuletzt durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie – starken Aufwind. Wir haben die erste Plattform in Deutschland geschaffen, auf der Daten aus verschiedenen Quellen vereint werden können. Es gibt Datensammlungen in Krankenhäusern, Arzt- oder Laborinformationssysteme, in denen routinemäßig Daten gesammelt werden. Auch Schlaganfall- oder Herzinfarktregister sowie universitäre und außeruniversitäre Forschung sind wichtige Datenquellen. Erprobt wird SAHRA unter anderem im kommunalen Pflegebereich, zur Erforschung der Notfallversorgung und zur Eskalationsvermeidung bei Niereninsuffizienz.
Der erste Anwendungsfall des Projekts hat den Mehrwert für Patienten bereits bewiesen: Auf der Basis von anonymisierten Abrechnungsdaten der AOK Nordost, die mit entsprechenden regionalen Referenzdaten kombiniert wurden, konnte ein Pflegekennzahlenreport für den Landkreis Havelland erstellt werden. Auf dieser Grundlage wird nun erstmals eine auf den tatsächlichen Bedarf zugeschnittene Sozialplanung, beispielsweise zur Planung der Seniorenhilfe, für die kommunale Ebene ermöglicht. Diese Kennzahlen werden noch in 2018 mithilfe der Sozialministerien in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg sowie der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung in Berlin von weiteren Landkreisen, kreisfreien Städten und Berliner Bezirken für die Pflegestrukturplanung verwendet, gemeinsam weiterentwickelt und auf alle Kommunen in der Nordost-Region ausgeweitet. Auch eine bundesweite Umsetzung ist denkbar.

3. Wie werden die Ergebnisse des Projekts praktisch umgesetzt bzw. weitergeführt?

Durch die unterschiedlichen Kombinationsmöglichkeiten von Datenquellen ergeben sich viele Anwendungsszenarien. Beispielsweise soll SAHRA im Rahmen der Evaluation von mehreren Innovationsfondsprojekten des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zum Einsatz kommen, mit dem Ziel, neue Versorgungskonzepte zu entwickeln.
Weiterhin hat das Projekt einen Mehrwert für die bedarfsgerechte Versorgungsstrukturplanung in ländlichen Regionen geschaffen. Es ist uns gelungen, die Digitalisierung auch in Regionen abseits der Metropolen zu tragen. Künftig ist eine Erweiterung des Kennzahlenrepertoires gemeinsam mit den Nutzern aus den Kommunen und Ministerien angedacht, um die Weiterentwicklung der sozialen Infrastruktur zu unterstützen.