Service-Meister

Mit KI gegen den Fachkräftemangel

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In der Industrie übersteigt die Komplexität von Anlagen, Geräten und Produkten oft das Wissen einzelner Mitarbeiter. Der Fachkräftemangel beschleunigt zusätzlich das damit verbundene Problem eines immer aufwendiger werdenden technischen Services. Service-Meister entwickelt ein KI-Ökosystem für den technischen Service, das es auch weniger spezialisierten Mitarbeitern ermöglicht, anspruchsvolle Aufgaben bei der Wartung und Reparatur komplexer Industrieanlagen zu übernehmen. Die bereitgestellten KI-basierten Services sollen mögliche Störfälle vorhersagen und Handlungsoptionen vorschlagen.

Partner

eco - Verband der Internetwirtschaft e.V. (Konsortialführer), USU Software AG, Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Berliner Hochschule für Technik Berlin, Westfälische Hochschule Gelsenkirchen Bocholt Recklinghausen, Universität Stuttgart, Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung eingetragener Verein, Kompetenznetzwerk Trusted Cloud e.V., inovex GmbH, Krohne Messtechnik GmbH, grandcentrix GmbH, Adolf Würth GmbH & Co. KG, TRUMPF, Werkzeugmaschinen GmbH + Co. KG, USU GmbH.

Herausforderung

Der grundlegende Wandel in der industriellen Wertschöpfung vom Verkauf von Produkten hin zu Dienst- und Serviceleistungen führt dazu, dass Maschinenhersteller zunehmend auf „Machine-as-a-Service”-Geschäftsmodelle setzen müssen. Damit dies gelingt, müssen die essenziellen Service-, Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten umfassend digitalisiert und mit KI-Technologien unterstützt werden. Für Mittelständler ist die Auswahl und Einführung von KI-Lösungen jedoch häufig mit hohem Aufwand und Risiko verbunden. Wenn sie allerdings die entstehenden Potenziale nicht ausschöpfen, verlieren sie den Anschluss und der Markt könnte von den großen Playern dominiert werden. Service-Meister will deswegen KI-basierten, technischen Service breit in den Mittelstand bringen..

Umsetzung

Das Projekt sammelt in sechs Use-Cases (sog. „Schnellboote“) Erfahrungen mit der Einbindung von KI-Anwendungen im technischen Service. Die Tandems aus Industriebetrieb und IT-Dienstleister digitalisieren und automatisieren prototypische Prozesse daten- und KI-basiert (u.a. durch Einbindung von Predictive Analytics- und Machine-Learning-Verfahren). So lassen sich beispielsweise Anomalien in Sensordaten schneller erkennen, Ausfälle von Maschinen verhindern, Wartungsbedarfe prognostizieren, Technikereinsätze optimieren und Anlagen verfügbar halten.

Basierend auf den Ergebnissen und Erfahrungen aus den Use Cases der Schnellboote entwickelt das Projektkonsortium verallgemeinerte Lösungsbausteine und KI-Werkzeuge für kleinere und mittlere Unternehmen -- sogenannte „KI-Blaupausen“. Die „KI-Blaupausen“ sind dabei jeweils so gestaltet, dass sich die Lösungen bzw. Werkzeuge in die bestehenden IT-Landschaften der Unternehmen integrieren lassen. Ziel ist der Aufbau eines Ökosystems, über das vielfältige Anbieter ihre „KI-Blaupausen“ kleineren und mittleren Unternehmen zur Verfügung stellen können und das den Unternehmen somit die technologischen Grundlagen für den Einsatz von KI im technischen Service bereitstellt.

Denn: Technologische, organisatorische und rechtliche Anforderungen spielen für kleinere und mittlere Unternehmen die zentrale Rolle. Egal ob heterogene IT-Landschaften, analoge Steuerungen, proprietäre Systeme, verschlossene Datensilos, offene Rechtsfragen, ungewisse Kosten und Erfolgsaussichten – Nachfrage und Akzeptanz gehen beim Thema KI im Mittelstand Hand in Hand.

Die KI-Blaupausen von Service-Meister berücksichtigen das, indem sie modular ausgelegt, interoperabel aufgebaut und problemlos integrierbar in bestehende Systemlandschaften sind. Offene Ökosysteme sind in der Lage, individuelle Anforderungen und Interessen von Anwendern und Anbietern auszugleichen und hoch standardisierte Applikationen bereitzustellen.

Neben den Anforderungen potentieller Zielanwender werden im Rahmen der Use Cases auch Chancen und Möglichkeiten eines potentiellen Geschäfts- und Betriebsmodells erfasst. So erscheint es denkbar, die Ergebnisse von Service-Meister zukünftig am Beispiel des Kompetenznetzwerk Trusted Cloud e. V. zu verwerten: Trusted Cloud ist Träger des Trusted Cloud Labels für vertrauenswürdige Cloud Services für die Wirtschaft und den Mittelstand. Analog zum Aufbau dieser Plattform könnte Service-Meister Orientierungswissen liefern sowie KI-Anbieter und -Services kategorisieren (etwa nach Prozessen und Funktionalitäten), prüfen (etwa nach Verfügbarkeit, Integrität und Vertraulichkeit) und auflisten. Darüber hinaus bietet sich die voranschreitende Gaia-X-Initiative ebenfalls als Lösung an, um Daten der Service-Domäne dezentral zu vernetzen und KI-Services zu ermöglichen.

Um Service-Meister weiter auf dem Sachstand industrieller, mittelständischer Produktionsbetriebe zu verankern, ist ein weiterer Use Case explizit mit Fokus auf Unternehmen aus diesem Größenkreis geplant. Die rund 70 assoziierten Partner von Service-Meister aus Wissenschaft, Forschung, Industrie und IT bilden die Basis, die ein offenes Ökosystem braucht.

Anwendung und Nutzen

Über das Ökosystem von Service-Meister können Mittelständler im produzierenden Gewerbe KI-basierte Dienste für den technischen Service, wie z.B. Chat-Bots, beziehen und einfach auf ihre Fragestellungen anwenden. So soll der Übergang vom reinen Produktverkauf hin zu Machine-as-a-Service-Geschäftsmodellen auch für Maschinenbauunternehmen möglich werden, die über keine größere IT-Abteilung mit ausgewiesenen KI-Experten verfügen. Langfristig sollen diese Services auch auf weitere Anwendungsfelder, wie die Automobil-Wartung, Service für Großelektrogeräte oder den Leitungsbau übertragen werden.

Über das offene Ökosystem sollen Unternehmen – ganz ihrem aktuellen Entwicklungsstand entsprechend – in kleinen Projektschritten starten und dabei auch reibungslos bestehende Plattformen anbinden und weiternutzen können, um Serviceprozesse anlagen-, abteilungen-, und firmenübergreifend mit KI zu unterstützen. So wurden in den Schnellboot-Use Cases beispielsweise eigene Plattformen von den beteiligten Projektpartnern entwickelt (Würth und Krohne), die sie an ihre Kunden weitergeben (Krohne). Generische Services stehen für Dritte auf GitHub bereit. Und mit dem neuen, mittelstandsbezogenen Use Case wächst ein erstes Ökosystem (ESW Group): Hier sollen Referenzimplementierungen für KI-Services und ein generalisiertes, neutrales Funktionsmodell realisiert werden. Dazu baut der Use Case auf Ergebnissen aus anderen Schnellboot-Use Cases auf (Krohne und inovex).

KI-Einstiegsplaner

Um KI-Knowhow in die mittelständische Praxis zu transferieren und Einstellungen, Motivlagen und Anforderungen zu berücksichtigen, die sich aus der Arbeit in den Schnellbooten ergeben haben, hat Service-Meister einen KI-Einstiegsplaner entwickelt. Unter www.servicemeister.org finden interessierte Unternehmen drei Elemente: (1) Wer sich allgemein informieren und den eigenen Standpunkt bestimmen möchte, der durchläuft das KI-Assessment. (2) Die Prozesslandkarte stellt mögliche KI-Anwendungen für die jeweiligen Use Cases entlang der Service-Prozesse vor. (3) Ein Service-Katalog listet die Ergebnisse aus den Schnellbooten exemplarisch auf.

KI-Schulungsangebote

Darüber hinaus hat Service-Meister ein Curriculum entwickelt, das Dritte frei (als Open Source) nutzen können. Das Curriculum legt die didaktische Grundlage für Weiterbildungs- und Schulungsangebote, um die Chancen von KI im technischen Service aufzuzeigen. So steht ein E-Learning-Angebot auf dem KI-Campus bereit, über das sich Interessierte im Selbststudium mit Videokursen weiterbilden können. Darüber hinaus hat Service-Meister ein sogenanntes Train-the-Trainer-Programm gestartet, das die KI-Profis ausbildet, die es braucht, um die späteren Anwender in den Firmen zu trainieren.

Die Use Cases im Kurzportrait

Zustandsüberwachung (Krohne und inovex)

Sensordaten aus vernetzten Abwassersystemen sollen mit KI ausgewertet, potenzielle Störungen schneller erkannt und die Einsatzplanung von Technikern durch KI-Apps verbessert werden.

Serviceprozesse beschleunigen (Würth und Grandcentrix)

Daten aus vernetzten Werkzeugen (Powertools) sollen mit Informationen aus dem Servicecenter, die per Telefon, E-Mail oder Website eingegangen sind, zusammengeführt und mit KI-Verfahren analysiert werden. So werden Serviceprozesse verbessert und gleichzeitig Ausfallzeiten und Rückläufe mangelhafter Werkzeuge minimiert.

Anomalien erkennen (Open Grid Europe und USU Software)

Leitungen, die Erdgas transportieren, sowie die integrierten Bauteile, werden mit Sensoren für einen aktiven Korrosionsschutz überwacht. Ziel ist es, die Fernüberwachung mit KI weiterzuentwickeln, Anomalien früher zu erkennen und Wartungen vorausschauender zu planen. Techniker sollen mit Unterstützung von KI-basierten Chatbots auch komplexe Probleme lösen.

Probleme automatisch diagnostizieren, Wartungskosten reduzieren (Trumpf und USU Software)

Werkzeugmaschinen erkennen selbstständig Fehler und leiten diese Information an eine Plattform weiter, wo Fehler übergreifend gesammelt und KI-basiert analysiert werden. So können auch andere Nutzer des Maschinentyps davon profitieren und Servicetechnikereinsätze besser geplant werden. Gleichzeitig findet eine geführte Wirksamkeitsprüfung der Servicemaßnahmen für eine kontinuierliche Verbesserung des Serviceprozesses statt.

Stillstandszeiten verkürzen, Anlagen verbessern (ESW Group, inovex, Berliner Hochschule für Technik)

Damit Maschinen verfügbar und Anlagen produktiv bleiben, verkürzt KI Stillstandszeiten. Ein intelligentes Service-Ticket-System unterstützt Mitarbeitende in der Produktion. Probleme sollen sich erkennen und präzise kategorisieren lassen, um sie entweder direkt selbst zu lösen oder, je nach Defekt, über spezialisierte Techniker:innen lösen zu lassen.


Ohne Service-Meister Mit Service-Meister
Maschinen gehen unvorhergesehen kaputt und fallen lange in der Produktion aus.KI-basierte Services erkennen in Serviceberichten, wann voraussichtlich Ermüdungen oder Ausfälle auftreten können. Wartungsprozesse werden frühzeitig eingeschoben, Ersatzteile rechtzeitig vorbestellt.
Servicetechniker im Unternehmen können bei Störungen keine eigenständige Reparatur vornehmen, weil ihnen Fachwissen aufgrund der immer komplexer werdenden Maschinenvielfalt fehlt.KI-Services der Plattform unterstützen den Industrieservice bei Reparaturprozessen und helfen besonders auch nichtspezialisierten Techniker.
Neue Servicemitarbeiter müssen lange angelernt werden, bis sie eigenständig arbeiten können. Durch Machine-as-a-Service-Geschäftsmodelle entsteht zudem ein erhöhter Bedarf, der durch Servicetechniker allein nicht gedeckt werden kann. Es fehlen oft Fachkräfte. Mit KI-Services erhalten auch weniger geschulte Fachkräfte an Maschinen Zugriff auf Meisterwissen. Serviceunternehmen können somit auch schneller komplexe Aufträge annehmen, der Fachkräftemangel wird gemildert.
Hersteller erhalten nach dem Verkauf ihrer Maschinen keine Informationen mehr zu deren Nutzungsdaten und können keine darauf abgestimmten Services entwickeln oder den Herstellungsprozess verbessern. Oft fehlt den mittelständischen Unternehmen die Kompetenz in den Bereichen KI und Big Data.Über offene Ökosysteme können Hersteller Services anbieten, die ihre Maschinen im Einsatz verbessern. Die KI-basierte Analyse von betreiberübergreifenden Daten liefert wertvolle Hinweise für Techniker und Hersteller von Maschinen.