SPEEDFACTORY

Automatische Einzelstückfertigung von Sportschuhen und Textilien

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© adidas Group

Kurzsteckbrief

Die Fertigung textiler Produkte vollzieht sich seit Jahrzehnten in zwei unterschiedlichen Szenarien. Sie werden entweder – kostengünstig – in industrieller Massenfertigung und großen Stückzahlen hergestellt oder – aufwendig – durch Manufakturarbeit in kleinen Losgrößen. Die Wertschöpfungsketten im Mode- und Sportbereich sind global verknüpft. Produktmanagement, Design und Produktion finden nicht selten auf unterschiedlichen Kontinenten statt. Optimierungszyklen oder Änderungen in Aussehen und textiler Beschaffenheit bzw. Zusammensetzung sind zeitaufwendig und erfordern eine hohe Flexibilität der eingebundenen Akteure. Die logistischen Herausforderungen einer Wertschöpfungskette, die einen ständigen Austausch von Informationen, Designvorschlägen, Mustern und fertigen Produkten zwischen Asien und Europa erfordert, erschweren und verteuern die qualitativ hochwertige Produktion. Schnelle Modellwechsel oder kostengünstige Kleinserienfertigung sind kaum zu erreichen, werden aber zunehmend durch den Kundenbedarf gefordert. Der Trend zur Individualisierung bei geringen Preisen kann weder wirtschaftlich noch technisch durch die bestehenden Produktionsprozesse realisiert werden.

Um den Wunsch des Kunden nach mehr Individualität gerecht zu werden und die Produktion dennoch kosteneffizient zu halten, hat das Forschungsprojekt SPEEDFACTORY eine automatisierte Einzelstückfertigung entwickelt, in der Menschen und Roboter in gemeinsamer Arbeitsumgebung Sportartikel sowie Bezüge für Autositze produzieren. Diese können innerhalb kurzer Zeit vom Design bis zum finalen Produkt kostengünstig und flexibel hergestellt werden.

Szenario

Im Projekt SPEEDFACTORY wurden die jeweiligen Vorteile der unterschiedlichen Produktionsansätze in einem neuen Verfahren zusammengeführt. Ziel war die industrielle Kleinstserienfertigung bis zur Losgröße 1. Unter Nutzung aktueller Technologien und optimaler Mensch-Roboter-Interaktionen sollten sehr kurze Taktzeiten mit höchster Flexibilität erreicht werden. Zum Ziel hatte sich das Projekt unter anderem gesetzt, die Transaktionen über die Kontinente hinweg zu vermindern und die Produktion verstärkt in Europa stattfinden zu lassen. Zur Folge sollte die Wettbewerbsfähigkeit durch kürzere Logistikwege und damit schnellere Reaktion auf Kundenwünsche und Modetrends erhöht werden.

Diese Fertigung erfordert intelligente Fabrikkonzepte mit hohem Automatisierungsgrad und kognitive Fähigkeiten der eingesetzten mit den Maschinen interagierenden Arbeitskräfte. Um die Prozesse effizient zu gestalten, wurde zunächst die Modularisierung einzelner Produktionsschritte vorgenommen. Die Koordination und Steuerung der einzelnen Module erfolgte dabei weitgehend automatisiert und dezentral. Durch die Verwendung einzelner Werkstoffe, die bis heute nicht durch Maschinen automatisiert verarbeitet werden können, kam den Arbeitskräften und ihrem Zusammenwirken mit Fertigungsrobotern eine herausragende Bedeutung zu. Erst die Anwendung innovativer Sensorik, Umgebungsintelligenz und Kognition sowie der Einsatz von Augmented Reality ermöglichten eine ökonomisch sinnvolle Interaktion zwischen Mensch und Roboter.

Innerhalb des Forschungsprojekts hat sich das Entwicklungsteam zunächst auf die Fertigung von Sportschuhobermaterialien und Sitzbezugskomponenten konzentriert. Die Grundlagen und Analysen für die möglichen Fertigungsprozesse (z. B. Kleben, Nähen, Bügeln) wurden für beide Einsatzfälle betrachtet. Anschließend wurde untersucht, inwieweit die Erkenntnisse auf andere textilverarbeitende Industrien transferiert werden können. In der zweiten Projekthälfte konzentrierte SPEEDFACTORY sich auf das Umsetzungsszenario „Sportschuhe bei adidas“.

Wege in die Praxis

Mit einer eigenen kommerziellen SPEEDFACTORY hat adidas in Ansbach eine Pilotfabrik aufgebaut, die eine gute Testmöglichkeit für die Kreation von hochfunktionalen Schuhen mit diesem neuen Produktionsmodell bieten wird. Ziel ist es, die im Rahmen des Forschungsprojekts gewon¬nenen Erkenntnisse und erarbeiteten Technologien für Soft- und Hardware aus der Forschung direkt in die kom¬merzielle Anwendung zu integrieren.

Die Vision von adidas ist der Aufbau weiterer SPEEDFACTORIES an verschiedenen Standorten weltweit – und diese miteinander zu verknüpfen. So kann es schließlich auch gelingen, dass die Konsumenten genau das erhalten, was sie wollen – und zwar wann immer sie es wollen.

Konsortialpartner: adidas AG (Konsortialführer), PFAFF Industriesysteme und Maschinen GmbH, Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen, fortiss GmbH, Johnson Controls GmbH

Ansprechpartner

adidas Group

Jan Hill