Meldung
09.03.2016

Interview zum Leuchtturmprojekt SD4M

Mit der Straßenbahn zum Bahnhof und mit dem Zug in die nächste Stadt, dann mit dem Carsharing-Fahrzeug zum Reiseziel und mit dem Flugzeug und dem Taxi wieder zurück. Die intelligente Nutzung von Daten verschiedenster Mobilitätsanbieter und weiterer Datenquellen könnte in Zukunft nicht nur helfen, die Prognose, Planung und Auslastung für Mobilitätsanbieter optimieren, sondern auch Reisenden das Reisen erleichtern. Wir haben Ingo Schwarzer vom Konsortialführer DB Systel GmbH zum Smart-Data-Projekt SD4M – Smart Data for Mobility und dessen Vorzügen gegenüber anderen Mobilitäskonzepten befragt.

SD4M_Ingo Schwarzer © DB Systel GmbH
Ingo Schwarzer
© DB Systel GmbH
SD4M_Ingo Schwarzer © DB Systel GmbH

Herr Schwarzer, der Mobilitätssektor befindet sich im Wandel. Welches sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Trends?
Traditionell ist es so, dass die meisten Systeme, also der Bahnverkehr, der Flugverkehr etc., sowie die Unternehmen innerhalb dieser Systeme ausschließlich für sich arbeiten. Externe Daten, selbst jene Daten, die frei verfügbar sind, werden häufig nicht für die Optimierung der Transportwege genutzt. Aber eine Reise betrifft normalerweise mehrere Transportmittel und dafür braucht es eine integrierte Lösung, die alle Verkehrssysteme berücksichtigt. Gleichzeitig beobachten wir, dass die Serviceebene von der Datenebene nicht profitiert. Beschwerden, Informationen zu Unfällen oder ähnlichen Ereignissen, die beispielsweise in den sozialen Medien veröffentlicht werden, werden kaum genutzt, um den Service für den Fahrgast zu verbessern oder einen Mehrwert für Geschäfte und Servicepersonal zu erzeugen. Hier braucht es passgenaue Technologie, die eine umfassende Nutzung sicherstellt und dadurch den Service für alle Teilnehmer am Verkehr verbessert. Diese Nutzung der Datenmengen ist mit Sicherheit eine der aktuell prägendsten Entwicklungen.


Worin unterscheidet sich SD4M von anderen Mobilitätskonzepten, die auf der Verwendung von Nutzerdaten basieren?
Bei der SD4M-Plattform steht ganz klar die Multimodalität im Vordergrund. Die größte Herausforderung besteht darin, verschiedene Datenquellen unterschiedlicher Unternehmen und frei zugängliche Daten zusammenzuführen und die Verlinkung zwischen strukturierten und unstrukturierten Daten, also eine semantische Interoperabilität, herzustellen. Indem wir die Informationen miteinander kombinieren, können wir letztlich bessere und umfangreichere Prognosen stellen, die dann als dynamisches Feedback einen echten Nutzen für den Serviceanbieter und somit auch für die Nutzer der Services bieten. Textliche Ausdrücke in valide Daten zu übersetzen, ist eine enorme Herausforderung in der Mobilitätsbranche. Was bedeuten zeitliche Formulierungen wie „eben“ oder „gerade“ oder räumliche Angaben wie „kurz vor Tegel“? Die Aufgabe besteht darin, Zeit- und Ortsfaktoren aufzulösen und miteinander zu verbinden.


Welche Datenquellen nutzt SD4M?
Wir wollen mit einer Vielzahl von offenen Datenquellen experimentieren. So sehen wir Potenziale in Newsseiten und anderen Nachrichtenquellen, also auch Nachrichtenagenturen wie dpa oder Reuters. Natürlich wollen wir auch Staumeldungen und Baustelleninformationen nutzen, genauso wie offizielle Fahrplan- und Nahverkehrsdaten, Stadt- und Ortskarten, Veranstaltungspläne, Tourismusinformationen etc. Spannend wird darüber hinaus alles, was in Echtzeit verfügbar ist. Wir wollen Daten aus Foren und Blogs aufnehmen und experimentieren mit einer Vielzahl von Social-Media-Daten, die wir z. B. aus Twitter oder Facebook ins System einspeisen.


Wo liegen die Vorteile für Mobilitätsanbieter?
Entscheidend ist letztendlich die Aufbereitung der Daten für die verschiedenen Interessengruppen und Wertschöpfungsketten, in welche die Prognosen integriert werden sollen. Die Vorteile für die Anbieter liegen dabei auf der Hand, denn durch die Integration von Smart Data können Prozesse optimiert werden. Ein Schwerpunkt stellt die Nutzung der Verkehrssysteme dar, hier kann es erhebliche Verbesserungen geben, sowohl für sämtliche Kundengruppen und Mitarbeiter der Mobilitätsbranche als auch für die Infrastrukturbetreiber. Dabei ist eine Vielzahl von Anwendungsszenarien denkbar. Wir unterscheiden in mehrere Kategorien, zum Beispiel sollen Prognosen den Kapazitätsbedarf in öffentlichen Verkehrssystemen steuern. Das kann der Fall sein, wenn aufgrund eines unerwartet hohen Bedarfs die Zahl der Taxis an einem bestimmten Ort erhöht oder der Nahverkehr für Sonderfahrten herangezogen werden muss. Aber das ist nur ein Beispiel.

Weiterführende Informationen

Weiterführende Informationen