Studie

Ergebnisbericht Offline-Dialog „Intelligente Netze"

„Elektrofahrzeuge als Systemdienstleister? - Herausforderungen ihrer Integration in intelligente Netze“

Systemdiensleistungen
Cover Ergebnisbericht Intelligente Netze

In den vergangenen Jahren sind die grundlegenden Rahmenbedingungen für die Integration von Erneuerbaren Energien in das Energiesystem geschaffen worden. In der zweiten Phase der Energiewende muss es in den nächsten Jahren gelingen, ein auf die Nutzung von Erneuerbaren Energien angepasstes Marktmodell auf den Weg zu bringen und die schwankende Stromeinspeisung sowie den sinkenden Bedarf an konventioneller Erzeugungsleistung durch eine Anpassung des Energienetzes zukunftssicher zu gestalten. Den Netzbetreibern kommt in dieser zweiten Phase der Energiewende eine Schlüsselrolle zu. Denn wegen der schwankenden und dezentralen Einspeisung von Erneuerbaren Energien müssen Netze zunehmend aktiver gemanagt werden. Stehen zukünftig zu bestimmten Zeiten konventionelle Kraftwerke, entsprechend dem Bedarf des Strommarktes, in zu geringem Maße zur Verfügung, so müssen diese Engpässe oder Überschüsse durch die Bereitstellung von Systemdienstleistungen ausgeglichen werden, zum Beispiel durch den Einsatz von positiver oder negativer Regelenergie. Elektrofahrzeuge, die in ein intelligentes Netz integriert sind, verfügen theoretisch über ein großes Potenzial, solche Systemdienstleistungen zu erbringen. Praktisch kann dieses Potenzial aus unterschiedlichen technischen und regulatorischen Gründen derzeit noch nicht genutzt werden. Grundsätzlich eignen sich Elektrofahrzeuge, die zu virtuellen Pools aggregiert sind, zwar für den Einsatz vonnetzdienliche Systemdienstleistungen – allerdings nur bei einer Anzahl und Marktdurchdringung, die heute noch lange nicht erreicht ist. Weitere Hürden kommen hinzu:

  • Es gibt im Verteilnetzbetrieb bisher keine umfassende allgemeine Information über die Netzauslastung, die Grundvoraussetzung für die Bereitstellung von Systemdienstleistungen durch andere Anbieter als den jeweiligen Netzbetreiber wäre.
  • Es ist nicht geklärt, wie eine Bilanzierung von Elektrofahrzeugen effizient organisiert werden kann. Bewegt sich nämlich heute ein Elektrofahrzeug über mehrere Bilanzkreise (also von einem Netzgebiet in ein anderes), so erscheint es als derselbe Zählpunkt in mehreren Bilanzkreisen.
  • Der bestehende Regelenergiemarkt ist nicht auf eine hohe Handelsfrequenz ausgelegt, wie es für die Integration alternativer Systemdienstleister notwendig wäre. Dort werden derzeit nur hohe Leistungsmengen in geringer Frequenz abgefragt.
  • Die Bereitstellung von präqualifizierten Lasten wird aufgrund der ungenauen Prognosemöglichkeiten für mobile Elektrofahrzeug-Pools nicht sinnvoll möglich sein. Nur der Einsatz als flexible Lasten für die Bereitstellung von Minutenreserven und Sekundärleistung wäre derzeit überhaupt vorstellbar. Auch dabei ließen sich allerdings die aktuell geforderten Mindestbereitstellungsgrößen von mehr als fünf Megawatt nicht realisieren.

  • Die Verordnung zu abschaltbaren Lasten ist noch auf das System der konventionellen Energieversorgung zugeschnitten. Ein Elektrofahrzeug kann nur eine passive Rolle übernehmen und sich als vordefinierte Entität (frühzeitig definierte Lastprofile) anbieten. Eine individuelle Steuerung des Energieabflusses durch den Nutzer des Fahrzeugs ist nicht vorgesehen.

  • Die Netzentgelte beziehen derzeit keine atypische Netznutzung ein, die für die Steuerung des Ladevorgangs unterschiedliche Anreize für Fahrzeugnutzer und Netzbetreiber setzt.

  • Die Möglichkeit des bidirektionalen Ladens - eine notwendige Bedingung für die Integration von Elektrofahrzeugen in intelligente Netze - ist bisher weder technisch noch normativ ausreichend realisiert. Die notwendigen Normungsaktivitäten haben noch nicht den notwendigen Reifegrad erreicht, um zum Beispiel ein umfassendes Flottenmanagement mit Elektrofahrzeugen zu erlauben (aktive Ein- und Ausspeisung im Verteilnetz). Das liegt auch daran, dass die Hersteller die Öffnung der zum Auslesen der benötigten Fahrzeugdaten relevanten Schnittstellen bisher verweigern.

Die besten Perspektiven für eine netzdienliche Integration bestehen für Elektrofahrzeuge mittelfristig in der Verbindung mit intelligenten Wohnungen und Häusern (Smart Home). In solchen intelligenten Gebäuden können Erzeuger und Verbraucher von Energie zu einer Entität verschmelzen, die über ein Energiemanagement gesteuert werden kann. In ersten Pilotprojekten (z. B. Smart Lab Aachen) wurde gezeigt, dass die Integration eines Elektrofahrzeugs in das  Energiesystem eines Smart Home gelingen kann.